Aushandlung postkolonialen Kulturerbes in Schülervorstellungen. Eine empirische Untersuchung in didaktischer Absicht

Das Teilprojekt nimmt Schülervorstellungen vom Prozess der Globalisierung unter einer postkolonialen Perspektive in den Blick und zielt auf eine empirisch fundierte Sensibilisierung der politischen, historischen und ökonomischen Bildung für postkoloniale Aspekte. Der deutsche Kolonialismus muss dabei als ein spezifisches Element kulturellen Erbes betrachtet werden, das ebenso wie andere Geschichtsfelder politisch-gesellschaftlichen Konjunkturen unterlag. Mit Instrumenten der didaktischen Rekonstruktion und qualitativer Inhaltsanalyse werden die Schwerpunkte unter anderem auf postkoloniale Identitäten, Erfahrungen von Migration und Rassismus, die Essentialisierung bzw. Hybridisierung des Kulturbegriffs, die Verortung von vermeintlich universalistischen Wissensstrukturen und nicht zuletzt der Anerkennung einer kolonialen Vergangenheit und neokolonialen Gegenwart gelegt.  

Projektbeschreibung

Für die postkoloniale Theorie, der immer die Perspektive der kolonialen Anderen als Ausgangspunkt dient, wurden sowohl herrschende Geschichtsschreibung als auch dominante Identitätskonstruktionen immer schon in ihrer machtvollen und ausschließenden Dimension in den Blick genommen. Eine Dekonstruktion dominanter Formen des Kulturerbes stellt einen ihrer zentralen Ausgangspunkte dar. Diese Dekonstruktion kann durch zwei Stränge systematisiert werden: Im Zuge der so genannten Moderne spielte die Konstruktion von cultural heritage eine entscheidende Rolle zur Etablierung herrschender Macht- und Denkstrukturen. Einerseits wurde in einer exkludierend-inkludierenden bzw. assimilierend-universalisierenden Weise die Vergangenheit vergegenwärtigt, um Europa bzw. den Westen als die ‚Spitze der Weltgeschichte‘ und der ‚Repräsentation der Vernunft‘ darzustellen. Diese eurozentrische Sicht auf die Welt beanspruchte allen Menschen und Kulturen ihren Platz auf der Welt zuzuweisen und sie gleichzeitig zu hierarchisieren. Andererseits wurden in einer inkludierend-exkludierenden Weise vermeintlich homogene Identitäten im Zuge des nation-buildings konstruiert.

In Ergänzung zum zweiten Projekt der Arena „Bildungsprozesse“ liefert diese Teilstudie eine thematisch engere und auf bestimmte Akteure bezogene Sichtweise, die damit zugleich eine theoretische Rahmung hinsichtlich der politisch-historischen Reflexivität eines spezifischen Aushandlungsfeldes kulturellen Erbes entwirft und die didaktische Zielvorstellung reflexiver und inklusiver Bildung angesichts heterogener individueller Voraussetzungen hinterfragt (Teilprojekt 6). Zur Arena der sozialen Nahräume ergeben sich ebenfalls Querverbindungen, indem Vorstellungen von kulturellem Erbe von gleichsam durch kulturelle Vielfalt und Diversität geprägte Akteure, Schülerinnen und Schüler, im Blickpunkt stehen (Teilprojekt  3 und 4). Geschichtskonstruktionen, die zur materiellen und immateriellen Inwertsetzung als cultural heritage genutzt werden, bilden schließlich ein Deutungs- und Handlungsfeld, in dem auch Schülerinnen und Schüler als wichtige Zielgruppe und mitunter als Akteure des past presencing wie andere gesellschaftliche Gruppen an den Aushandlungsprozessen um kulturelles Erbe beteiligt sind (Teilprojekt 1 und 2).